Willkommen auf der Migräne-Seite
Nach ca. 5 Minuten macht sich Übelkeit bemerkbar. Ich versuche, ruhig und gleichmäßig zu atmen. Hilft nichts, der Brechreiz ist nicht zu unterdrücken. Ich hetze also ins Bad und schaffe es gerade noch zur Toilette.

Durch die Anstrengung des Erbrechens ist der Hämmerschmerz im Kopf unerträglich geworden. Nachdem mein Magen sich seines Inhaltes entledigt hat und sich auch langsam wieder beruhigt, sehe ich mittlerweile grelle Pünktchen vor den Augen.

Ich schleiche mich unter Stöhnen wieder ins Bett und hoffe, durch Ruhe und eine Eiskompresse auf dem Kopf Linderung zu finden. Weitere 15 Minuten quäle ich mich, ohne Erfolg. Ich beschließe einen erneuten Versuch mit Migralave, da sich der Schmerz mittlerweile von der linken Schläfe am Ohr vorbei bis zum Nacken ausgebreitet hat. Jeder Pulsschlag löst einen Nadelstich hinter meinem linken Auge aus.

Die 2 Tabletten erreichen wahrscheinlich nicht einmal meinen Magenboden. Sofort setzt erneut ein Brechreiz ein und ich muss zur Toilette rennen. Während mein Magen wieder und wieder Würgekrämpfe erleidet, droht mein Schädel zu platzen. Der Druck im Kopf bewirkt, dass ich anfange, zu zittern. Beim nächsten Würgeanfall ergibt sich mein Blasenschließmuskel und ich kann das Wasser nicht mehr halten.

Endlich, nach scheinbar endlosen Minuten, beruhigt sich mein Körper etwas, und ich sinke stöhnend und kraftlos zitternd vor der Toilette auf dem Boden zusammen.

Ich raffe mich auf, entledige mich meines durchnässten Schlafanzuges, wasche mich kurz ab und taumele ins Schlafzimmer. Auf dem Weg dorthin entscheide ich mich, Hilfe zu suchen. Ich ziehe mich an und gehe ins Wohnzimmer. Ein Notarzt, denke ich, muss her. Ich weiß ja, dass mein Hausarzt heute und jetzt keine Sprechstunde hat. Mittlerweile ist es ca. 16:30 Uhr.
Die einzige Nummer, die mir mit schmerzendem Kopf einfällt, ist der Notruf 112. Ich wähle. Eine Männerstimme fragt nach meinem Begehren. Während ich antworte, bemerke ich, dass mir das Sprechen schwerfällt. Ungefähr die Hälfte meiner linken Oberlippe ist taub. Und diese Taubheit scheint sich von der Lippe bis unter das linke Auge zu ziehen.

Der Herr am Telefon sagt mir, ich solle den ärztlichen Notdienst anrufen. Er gibt mir auch die Nummer. Ich wähle. Mein Kopf scheint angeschwollen. Ich kann nicht richtig sehen. Lauter Blitze und Funken vor meinen Augen. Und mein Magen droht schon wieder mit Erbrechen.

Beim ärztlichen Notdienst meldet sich ein Mann. Ich schildere ihm meine Situation. Ich bemerke selbst, dass ich spreche, als ob ich betrunken bin. Meine linke Gesichts- und Mundhälfte scheint nicht nur taub, sondern wie gelähmt.

Der Mann am Telefon sagt, ich solle meinen Hausarzt anrufen. Ich erkläre, dass mein Hausarzt montags nachmittags keine Sprechstunde hat. Dann, so meint der Mann, solle ich die Vertretung meines Hausarztes aufsuchen. Ich weiß nicht, wer das ist, sage ich, und außerdem kann ich doch gar nicht mehr Auto fahren! Der Mann sagt, auf der Bandansage vom Hausarzt ist bestimmt eine Vertretung genannt.

Ich lege auf, rufe beim Hausarzt an. Nein, auf der Bandansage ist keine Vertretung benannt. Also rufe ich wieder beim ärztlichen Notdienst an.  Der gleiche Mann am Telefon. "Wo soll ich denn um diese Uhrzeit einen Arzt herbekommen?" schnauzt er mich an, als ich ihm erkläre, dass keine Vertretung benannt ist, ich alleine zuhause bin, nicht mehr Autofahren kann, weil ich nicht richtig sehen kann, und er doch bitte einen Notarzt schicken möge.
Das Telefonat endet damit, dass er mir mitteilt, Frau Dr. G. im nächsten Vorort sei die nächstgelegene Praxis. Er gibt mir Adresse und Telefonnummer. Und er teilt mir noch mit, dass die Notärzte erst ab 20 Uhr und an Wochenenden zuständig sind. Vorher immer die Hausärzte.

Schwankend und stöhnend gehe ich zu meinem Auto und fahre die 3 Kilometer. Unterwegs muss ich auf halber Strecke am Straßenrand anhalten und mich übergeben. Nach ca. 15 Minuten komme ich in der Praxis an. Ich erkläre der Sprechstundenhilfe die Situation. Ich schwanke und muss mich einmal am Tresen festhalten, um nicht umzufallen.

Ich glaube, ich werde nach Krankenkassenkarte und Praxisgebühr gefragt. Ich bin mir im nachhinein nicht so ganz sicher. Jedenfalls kommt gleich Frau Dr. G. und erkennt auf den ersten Blick meinen Zustand. Sie setzt mich in einen verdunkelten Raum, gibt mir eine Brechschale (für den Fall der Fälle) und bestellt telefonisch in der nächsten Apotheke die Tabletten Maxalt lingua 10mg.

Nach ca. 20 Minuten werden die Tabletten geliefert. Sie gibt mir sofort eine und bittet mich, noch sitzenzubleiben, bis ich selbst der Meinung bin, ich könne wieder gehen. Das dauert noch ca. 30 Minuten.

Auf der Fahrt nach hause muss ich noch einmal anhalten und mich übergeben. Zuhause nehme ich die 2. Tablette und lege mich sofort ins Bett und schlafe auch innerhalb kurzer Zeit ein.

Am nächsten Tag geht es mir Gott sei Dank wieder gut.
Was wäre, wenn…

… ich einen Schlaganfall gehabt hätte, ohne es zu wissen?
… ich auf dem Weg zur Praxis einen Autounfall gehabt hätte?
… ich zuhause bewusstlos geworden wäre und an meinem Erbrochenen erstickt wäre?

Wegen "nicht zuständig sein" ???

So also sieht unser hochgelobtes Gesundheitssystem aus? Das sich ein inkompetenter Telefonist beim ärztlichen Notdienst anmaßt, anhand einer Patientenschilderung zu erkennen, um welchen Notfall es sich handelt? Im Falle eines Schlaganfalls hätten Sekunden gezählt!

Mein tiefer Dank geht an die Ärztin, die auf einen Blick erkannt hat, wie ich leide. Sie erzählte mir später, sie leide selbst an Migräne-Anfällen und könne daher alles sehr gut nachfühlen.

Einige Tage später ging ich zu meinem Hausarzt, um ihm den Vorfall mitzuteilen und um Verschreibung des Medikaments zu bitten. Er war über das Verhalten des ärztlichen Notdienstes entsetzt und meinte, das grenze ja an unterlassene Hilfeleistung. Er schrieb mir ohne Zögern ein Rezept für Maxalt Lingua aus und wies mich noch darauf hin, dass ich sofort bei den kleinsten Anzeichen einer Migräne eine Tablette nehmen solle.

Mittlerweile habe ich erfahren, dass viele Ärzte nur sehr ungern dieses Medikament verschreiben, da es extrem teuer ist und das "ärztliche Budget" sehr strapaziert. Glücklicherweise hat mein Hausarzt damit kein Problem, er "haut" sich gerne mal verbal mit nörgelnden Krankenkassen herum und tut fast alles zum Wohle seiner Patienten.


Sarkastischer Titel meines Berichts:
Bitte prüfen Sie Wochentag und Uhrzeit, bevor Sie einen Notarzt rufen!
(oder: Ich hätte wohl eher von meinem Ableben Gebrauch machen sollen...)


Montag, 02. Februar - 15:30 Uhr

Bis dahin ein völlig normaler und ereignisloser Tag. Ich bin allein zuhause.

Gegen 15:45 Uhr bemerke ich eine leichte Müdigkeit. "Energie-Tief", denke ich und genehmige mir einen Becher Joghurt und 15 Minuten Ruhe mit hochgelegten Beinen auf dem Sofa.

Ein leichter Druck in der linken Schläfe macht sich bemerkbar. Ich denke an Nackenverspannung und mache vorsichtig ein paar Dehn-Übungen. Innerhalb weniger Minuten wird der Druck zum Schmerz. Ein pochender Schmerz. Eine Migräne bahnt sich an.

Ich stehe auf und gehe zum Arzneischrank. Ich nehme 2 Tabletten Migralave mit einem Glas Wasser und entscheide mich sofort für Bettruhe. Klamotten aus, Schlafanzug an, Rollos runter, Tür zu. Gleich, denke ich, fängt die Wirkung der Tablette an und ich kann die Migräne wegschlafen.

Migräne - Leiden ohne Grenzen

Millionen Menschen leiden unter Migräne-Anfällen. Unsägliche Qualen, die ein nicht Betroffener sich kaum vorstellen kann.

Nachfolgend lesen Sie die Schilderung eines typischen Migräne-Anfalls, geschrieben von einer 43-jährigen aus dem Rhein-Main-Gebiet.